Trauer #1 – Einblick in die Trauer um verlorene Kinder

Das wahrscheinlich Schwerste in Worte zu fassen. Oft fällt es mir (Eva) leichter beschreibende Worte aneinanderzureihen, denn tatsächlich mein Innerstes zu benennen.

Zum Beispiel so:         Schmerz * Sehnsucht
Kaum auszuhalten * kaum wahrgenommen
Unsichtbar * unerreichbar * weit weg

Dazu will ich alle ermutigen, die ähnliches oder ganz anderes durchgemacht haben, was sie schwer benennen oder aushalten können.

Wir (das will ich für alle Leser, mit denen ich es noch nicht geteilt habe, kurz erwähnen) haben nach der Geburt unserer Tochter noch das Glück von zwei weiteren, geschenkten Schwangerschaften erlebt, um die wir jedes Mal gerungen und gebeten haben und schließlich jedoch diese beiden Kinder wieder verloren.

Doch ich will einen kleinen Einblick in die letzten Tage und meinen letzten Schritt der Trauer geben. Das Härteste war, ist und bleibt für mich die fehlende Gewissheit (trotz des Wissens), wo Ronya und Amal gerade sind und ob ich sie jemals wiedersehen werde oder auch nicht. Blieben wir immer getrennt, lerne ich Dich jemals kennen, mein Kind? Du gehörst doch so sehr zu mir, wie jedes Organ oder Körperteil. Unzertrennlich. Schon seit einem Jahr jetzt begleitet mich nach der Operation das Lied „Wiedersehen“ von Moses Pelham und Martin Haas geschrieben und von Xavier gesungen. Mich trösten die Aussagen des Herzens. Allein das Bewusstwerden, dass ich diese Gefühle habe und sie weder runterschlucken oder verdrängen kann. Sie sind da, wie die Mücken im Sommer. Nicht die Melodie oder das Lied an sich hauen mich um, sondern die Worte und die Kraft, die in der Hoffnung des Refrains steckt. Auch, wenn ich es nicht glauben kann. Das ist zumindest ehrlich. Mein Herz rebelliert, klagt und protestiert. Aber ich singe es meinem Herz zu! So wie es dieses Lied tut. Nach jeder Strophe mit dem Refrain. Und ich bitte inständig um den Glauben daran, die Gewissheit und den Trost „Ich weiß wir sehn uns wieder!“.
Auch die Verse aus Johannes 16 haben mich getröstet (aus dessen Inspiration heraus das Lied wohl geschrieben wurde). Ab Vers 20 „ihr werdet weinen und klagen… ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll sich in Freude verwandeln.“ Und wie daraufhin beschrieben wird, wie eine Mutter die Schmerzen einer Geburt vergisst, wenn sie das Kind im Arm hält „auch ihr seid jetzt sehr traurig, aber ich werde euch wieder sehen. Dann werdet ihr froh und glücklich sein und diese Freude kann euch keiner nehmen. Am Tage unseres Wiedersehens werden alle Fragen beantwortet sein.“. Das ist der Hammer, klar ist damit Jesus Wiederkommen gemeint, doch in meiner Vorstellung (zumindest im Kopf), kommt dann auch das Reich Gottes zu uns und mit ihm unsere Kinder? Momentan bin ich noch am Klagen und Aushalten, denn wie die Verse beschreiben, was eine Mutter alles vergisst, wenn sie ein Kind im Arm hält, so kann ich sagen, dass im Rückschluss nichts bleibt, an dem man sich festhalten oder den Schmerz lindern kann. Doch auch diese quälenden Fragen und das Unverständnis wird beantwortet werden. Darauf hoffe ich.

Soweit mein Einblick heute. Ich könnte noch so viele Themen finden, die wahrscheinlich alle, die es selbst durchgemacht haben, teilen. Wie, dass sich über die Entstehung und das Ankündigen eines Babys ALLE unglaublich freuen und diese Freude mit den werdenden Eltern teilen, doch des Verlust und der Schmerz nur kurz zur Kenntnis genommen wird und dann die Anteilnahme ausbleibt. Oder wie man dem Alltag nachgeht und einen wie ein Blitz plötzlich aus dem Nichts ein Gedanke einholt, ein Gefühl und dann wieder der Schmerz. Unvorbereitet und Unpassend kommt dann wieder ein Stück Trauer. Wenn es mir möglich ist, werde ich euch daran teilhaben lassen. Für alle denen es ähnlich geht, aber auch für jedes Kind, das es wert ist diese Gefühle ernst und wahrzunehmen.

Hier für alle die neugierig geworden sind auf das Lied:
https://www.youtube.com/watch?v=kfCHU0oQfYQ

Lyrics / Wiedersehen by Xavier Naidoo

Ich weiß wir sehen uns wieder
Ich weiß du kehrst zurück
Ich lege alle Waffen nieder
in Erwartung dieses Glücks
denn ich weiß wir sehen uns wieder
Ich weiß du kehrst zurück
vielleicht helfen diese Lieder
dabei sogar ein Stück

„Wenn ich dich nicht habe“, hör‘ ich mein Herz rebellieren
„kann auch das Blut in meinen Adern hier und jetzt gefrieren.
Was helfen die Reden, ich find‘ keinen Frieden ohne dich“
der Tod ist die Grenze des Lebens aber nicht unserer Liebe

„Wozu pulsieren“ hör‘ ich mein Herz klagen
„Wenn du nicht bei mir bist, lohnt doch kein Schlag
Was hat uns zerstört, Wer erträgt dieses Leid“
Mein Herz den Leiden mag der Tag gehören aber uns gehört die Ewigkeit

„Was lohnen die Mühen“ hör‘ ich mein herz protestieren
„Wenn meine Sonne verglüht ist und alles wertlos ist hier“
unter dieser trostlosen Wolke presst es in einem Strom von Tränen heraus
Herz dem Leben scheint der Tot zu folgen, doch dem Tod folgt das Leben

 

Gedichte #1

Dazu-Gehören


Zum Ankommen gehört die Auseinandersetzung mit mir selbst.
Zur Ausrichtung auf Gottes Reden gehört die Reflexion meines Glaubens.
Zum Begleiten eines Kindes in das Eintauchen in eine neue Welt
gehört das Festigen von Vertrautem.
Zur Bewältigung der Differenzen in Kulturen und Ausdrucksformen von Glauben
gehört das Ringen mit dem Wesentlichen.
Zum Wachsen gehört das Fragen Stellen.
Zum Zuwachs an Wissen gehört das Zweifeln.
Zum Überwinden von schweren Schritten gehört das Innehalten im Jetzt.
Zum Heilen gehört die Neugier am Leben.
Zum Genießen gehört die Freiheit loszulassen.
(20.11.17 – EM)

 

Leben


Menschen leben.
Menschen lachen.
Menschen leiden.
Dadurch leben sie
Keiner lebt ohne sie
Ich will leben.
(20.11.17 – EM)

 

Verlust


Aus der Zerrissenheit leben
Lücken wahrnehmen
Halt finden
Spannungen aushalten
Neues suchen
Hoffnung erwarten
Niemals aufgeben!
(20.11.17 – EM)

Photo by Benny Jackson on Unsplash

Run Alpha 2017

Samstag 18. November. In einer Kirche in South Kensington versammeln sich mehrere hundert Menschen. Menschen aus ganz Europa. Von Norwegen bis Italien, von Nord-Irland bis Russland. Menschen aus unterschiedlichsten Konfessionen und Denominationen. Von anglikanisch bis katholisch, von landeskirchlich bis freikirchlich.
Sie alle sind zur jährlichen „Run Alpha“ Konferenz gekommen. Eine Konferenz die den wohl bekanntesten und am weitesten verbreiteten Glaubenskurs der westlichen Christenheit zum Thema hat: Den Alpha-Kurs. Hier in Holy Trinity Brompton (HTB – mit 4000 Gottesdienstbesuchern an einem durchschnittlichen Sonntag die größte Gemeinde der Church of England) erfunden, hat sich der Alphakurs in den letzten Jahrzehnten zum wohl bekanntesten Werkzeug für Evangelisierung und Verbreitung des christlichen Glaubens im immer stärker säkularisierten Westen entwickelt. Gibt es inzwischen eine Fülle weiterer Glaubenskurse, so ist der Alphakurs doch wohl der, den man am ehesten kennt und der wahrscheinlich über alle konfessionellen Grenzen hinweg am meisten eingesetzt wird.

Hohe Erwartungen
Dementsprechend hoch sind auch die Erwartungen der Konferenzbesucher. Manche sind neu im Feld der Glaubenskurse. Sie erhoffen sich ein Werkzeug kennen zu lernen, dass die wohl quälendste Frage der westlichen Kirchen löst: „Wie werden Menschen heute noch zu Nachfolgern Jesu Christi?“ Andere sind schon erfahrene Ausrichter des Alpha-Kurses. Sie erwarten vor allem hilfreiche Tipps für die noch bessere Umsetzung. Und dann sind da noch die Alten Hasen. Sie kommen um sich zu vernetzten und zu hören was es Neues gibt.

 

Der Alpha-Kurs und Gemeindegründung
Ich (Alex) bin in meiner Rolle als Doktorand, als Forschender im Bereich Gemeindegründung da. Und auch hier spielt Alpha eine wichtige Rolle. Nicht nur ist HTB ein wichtiger – wenn nicht gar der größte – Motor für Gemeindegründung innerhalb der Church of England. Allein das wäre wohl schon Grund genug sich mit dem wichtigsten „Markenprodukt“ der HTB Familie, dem Alpha-Kurs auseinanderzusetzen. Nun wird aber zusätzlich der Alpha-Kurs von HTB als wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste „tool“ beschrieben, um mit den spezifischen Herausforderungen umzugehen, denen sich jede Gemeindegründung zu stellen hat: „Alpha creates time, Alpha creates new believers, Alpha creates leaders.“
Alpha creates time: Durch seine gute Aufbereitung stelle der Alpha-Kurs laut Alpha UK, eine ressourcenschonende Möglichkeit dar, eine missionarische Gemeindearbeit aufzubauen. Er begegnet damit der Herausforderung, dass viele Gemeindegründungen mit begrenzten finanziellen, personellen, und zeitlichen Ressourcen zu kämpfen haben.
Alpha creates new believers: Der Alpha-Kurs sei angeblich einer der effektivsten Wege Menschen mit dem christlichen Glauben in Berührung zu bringen und entspricht damit dem Ziel der meisten Gemeindegründungen, Kirchenferne einzuladen den christlichen Glauben kennenzulernen. (Laut einer von Alpha in Auftrag gegebenen Studie des US-Umfrage Instituts „the Barna Group“ beschrieben sich 82% der Kursteilnehmer, die sich zuvor als Nichtchristen („non-Christians“) beschrieben hatten, nach dem Kurs als Nachfolger Jesu („followers of Jesus“).)
Alpha creates leaders: Zuletzt wird der Alpha-Kurs als eine Möglichkeit beworben Gemeindeglieder als Mitarbeiter zu schulen und durch die Mitarbeit im Kurs zu Leitern innerhalb der Gemeinde zu entwickeln. Kurz gefasst: Der Alpha-Kurs soll DAS Werkzeug für Gemeindegründer sein. Ist das aber wirklich so? Dazu später mehr.

Zwischen Verkaufsveranstaltung und missionarischer Leidenschaft

Run Alpha 17 1

Willkommen bei „Run Alpha 17“

Die Konferenz erlebe ich persönlich als durchwachsen. Vielleicht liegt es an meinem forschenden Blick; vielleicht auch an der sprachlich-kulturellen Barriere: Dinge, die man als Deutscher eher nüchtern wahrnimmt oder aufgreift, werden hier mit deutlich mehr Begeisterung geteilt, was sich vor allem in für deutschen Ohren sehr starken Adjektiven ausdrückt (amazing/awesome…).
In manchen Momenten hat die Konferenz ein bißchen die Atmosphäre einer Verkaufs-veranstaltung. Egal welche Frage sich stellt, „Try Alpha“ scheint die einzig richtige Antwort zu sein.                                                                    Ein Glaubenskurs als eierlegende Wollmilchsau?
So sind es auch nicht die Hauptvorträge, die mich begeistern. Es sind kleine kurze Impulse dazwischen, die hängenbleiben. Der Bericht einer jungen Frau, die durch den Alpha-Kurs den christlichen Glauben kennenlernt und beginnt Jesus Christus nachzufolgen. Es verändert nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihres Partners. Alte Kämpfe und Zweifel bleiben und doch wird alles neu.
Ein Junger Mann, 21 Jahre, der mit Hilfe der Alpha-Videomaterials einen Glaubenskurs an seinem Arbeitsplatz durchführt. Seinen Mut mit dieser Idee zu seinem Chef und seinen Arbeitskollegen zu gehen, ohne sich darum zu kümmern, was diese wohl von ihm denken mögen, beindruckt mich nachhaltig.
Hier wird am deutlichsten spürbar was man von den Menschen hinter Alpha lernen kann. Eine missionarische Leidenschaft, das was einen selbst begeistert mit den Menschen zu teilen, mit denen man in Beziehung steht. Und sich darüber zu freuen und es zu feiern, wenn dann noch der göttliche Funke überspringt.

Warum „Try Alpha“ die richtige Antwort ist
Vielleicht liegt darin die größte Stärke im Alpha-Kurs (und in anderen missionarischen Glaubenskursen). Er stellt ein Werkzeug dar, welches die hochkomplexe, uns alle überfordernde Frage, wie in unser westlichen Gesellschaft Evangelisation (das Teilen der frohen Botschaft von und über Jesus Christus) gelingen kann, beantwortet: „Try Alpha.“
Ein Kurs mit 10 Abenden und einem Wochenende. Ein Abendessen, ein Vortrag und eine anschließende Diskussion als Hauptelemente jeder Einheit. Die persönliche Einladung von Freunden, Bekannten und Kollegen, die durch jeden in der Gemeinde erfolgen kann.
So einfach ist es: Der Alpha-Kurs gibt der Frage „Wie teile ich den Glauben an Jesus Christus, der mein Leben so sehr bestimmt und mir Trost, Kraft, Hoffnung und Leidenschaft ist, mit meinen Mitmenschen?“ einen Rahmen: Indem ich ihnen vom Alpha-Kurs erzähle, indem ich sie einlade, indem ich einen sicheren Rahmen anbiete mit Themen die versuchen die großen Fragen des Lebens mit dem christlichen Glauben zu vermitteln, indem ich eine Gemeinschaft von Suchenden, Zweifelnden und Glaubenden ermögliche, die jeden so nimmt wie er kommt; Und doch hofft, dass er am Ende anders wieder geht, als er gekommen ist. Oder sogar bleibt.
Etwas Hochkomplexes mich anscheinend Überforderndes, wird plötzlich möglich, ja sogar relativ einfach. Die Frage, „wie sage ich weiter, was ich selbst empfangen habe?“ bekommt einen Rahmen, eine Struktur, ein Geländer. Das ist die größte Stärke des Alpha-Kurses.

Warum „Try Alpha“ nicht (immer) die richtige Antwort ist
In der Vereinfachung liegt aber gerade auch die unumgängliche Schwäche des Alpha-Kurses (und natürlich auch anderer Glaubenskurse). Denn die Frage „Wie finden Erwachsene zum Glauben?“ ist eben doch eine hochkomplexe überfordernde Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Das zeigt insbesondere die Studie mit eben diesem Titel: So individuell wie jeder Mensch ist, so individuell ist jede Suchbewegung nach Sinn und Bedeutung, so individuell ist jede Glaubensreise und jeder Glaubensweg. Es gibt nicht ein „Schema F“ nach dem Konversion (Entdeckung des/Hinwendung zum/Vergewisserung im (christlichen) Glauben) stattfindet.
Auch zeigt die Studie, dass Glaubenskurse in Konversionsprozessen insbesondere dann eine Rolle spielen, „wenn Menschen erreicht werden, weniger, um sie zu erreichen. (Zimmermann / Schröder: Wie finden Erwachsene zum Glauben?, Aussaat, 2010, 129) Sie helfen Menschen, sich mit dem Glauben auseinander zu setzen, setzen aber zugleich voraus, dass schon eine Beziehung und ein Interesse besteht. Sie setzen voraus, dass Menschen sich einladen lassen. Und: Konversion geschieht eben oft über einen längeren Zeitraum, im Modus eines Prozesses. Eine Hinwendung zum christlichen Glauben kann sich über mehrere Jahre erstrecken. Bei der Greifswalder Konversionsstudie ergab der Median einen Wert von 5,8 Jahren für den Abstand der ersten (neuen) Begegnung der Befragten mit dem Glauben und einer Glaubensveränderung/Konversion. Da stellt sich zu Recht die Frage, ob ein Kursformat von 10 Wochen diesen Prozessen gerecht wird? (Siehe Sabrina Müller’s Post zur HTB-Experience.)

Ist der Alpha-Kurs DAS Werkzeug für Gemeindegründer?

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Zwischen den vielen Vorträgen blieb Zeit für Gespräche und Reflexion.

Wie sieht es nun im Bezug auf Gemeindegründung aus? Ist der Alpha-Kurs DAS Werkzeug schlechthin?
Ja und Nein.
Ja, weil das Material wirklich gut aufbereitet ist, und weiterentwickelt wird. Ja, weil man den Kurs sehr einfach und sehr ressourcenschonend umsetzen kann. Ja, weil hier Kernthemen des christlichen Glaubens mit Kernfragen des menschlichen Lebens vermittelt werden. Ja weil der Kurs hilft der Außenorientierung, die jede Gemeindegründung gerne hätte, ein Gerüst zu verleihen. Ja, weil Mitarbeiter zugleich herausgefordert und geschult werden. Ja, weil (alle) Gemeindeglieder aufgefordert werden Menschen einzuladen, mit denen sie in Beziehung stehen.
Nein, weil es noch viele andere Kurse gibt, die im Aufbau und in der theologisch-inhaltlichen Schwerpunktsetzung vielleicht besser zur Zielgruppe und der eigenen Gemeinde passen. Nein, weil die Teilnahme an einem Glaubenskurs zugleich ein gewisses Bildungsniveau und einen bestimmten Zugang zu einer bestimmten Gemeinschaftsform voraussetzt, die automatisch bestimmte Milieus und Bevölkerungssegmente ausschließt. Nein, weil der Alpha-Kurs im Kern ein atraktionales (auf einer „ihr kommt zu uns“-Struktur) Modell ist und automatisch eine missionale („wir gehen zu euch“) Ausrichtung konterkariert.

„Try Alpha?“ – „Try Alpha!“
So ist dann „Try Alpha“ genau die richtige Antwort. Zugleich ist es die Falsche. Sie ist die richtige Antwort für alle Gemeinden, die einen Rahmen suchen für die Frage, „wie können wir unsere Freunde zum christlichen Glauben einladen?“. Sie ist die richtige Antwort für Gemeinden, die von einer Innen- zu einer Außenorientierung gelangen möchten, da der Alpha-Kurs, wenn er in der Mitte des Gemeindelebens und nicht an dessen Rand verankert wird, nicht nur als Glaubens-Kurs fungiert, sondern auch als Werkzeug zum missionarischen Gemeindeaufbau (ein Konzept, welches im Emmaus-Kurs noch deutlich stärker umgesetzt und reflektiert ist).
Schaue ich über den Ärmelkanal in die deutschen Landeskirchen, dann müsste die Antwort wohl ein bestätigendes lautes „Try Alpha!“ oder zumindest „Try Glaubenskurs!“, am Besten aber „Try missionarischer Gemeindeaufbau durch Glaubenskurse!“ sein. Ich würde es mir wünschen, wenn in jeder Ortsgemeinde mindestens einmal im Jahr ein zu den örtlichen Gegebenheiten passender Glaubenskurs durchgeführt wird. Und wenn es nicht nur ein Glaubenskurs wäre, den ein paar wenige engagierte Gemeindeglieder verantworten, sondern der von der ganzen (Kern-)Gemeinde getragen wird. Denn dann kommt das Thema Mission in der Mitte der Gemeinde an.
„Try Alpha“ kann aber auch die falsche Antwort sein. Wenn eine Gemeinde(gründung) schon ein tiefes missionarisches Anliegen hat und Menschen oder Milieus begegnen möchte, die nicht der Mitte der Gesellschaft entspringen, kann der Rückgriff auf ein „standardisiertes Werkzeug“ wie den Alpha-Kurs genau der falsche Weg sein. Er kann verhindern wirklich den Kontext und die Menschen kennen zu lernen, denen man begegnen möchte. Er kann verhindern lang genug „hinzuhören“. Er kann verhindern die wirklichen Fragen, Freuden, Ängste, Sorgen und Nöte der Menschen wahrzunehmen. Und er kann dazu führen, dass Antworten auf Fragen gegeben werden, die niemand stellt. Das ist dann nicht Mission. Das ist Aktionismus.

 

Ankommen.

Zum Ankommen gehört der Weg dorthin. Je beschwerlicher der Weg, umso intensiver das Ankommen. Egal wie beeindruckend Wanderungen auch sind, am Ende des Weges freue ich (Eva) mich immer aufs Ankommen.
Rückblickend könnten wir sagen: „Ja, wir sind da“. Angekommen in London. Doch im Hier und Jetzt fühlt es sich noch sehr nach unterwegs-sein an. Wir kommen Schritt für Schritt im neuen Haus an. Finden immer mehr den Ort, wo wir die Seele baumeln lassen und uns die Straßen vertraut sind.Persönliches hat seinen Platz gefunden und Möbelstücke wurden so lange verschoben, bis sie ihren (vorläufigen) Ort gefunden haben.

Wohlfühlen gehört zum Ankommen. Für den einen gehört hierfür der Zugang zum weltweiten und unumgänglichen Informationspool – dem Internet – ohne das viel Geduld gefordert und so einiges unmöglich oder wenigstens sehr beschwerlich wird. Und für andere das Gefühl „es wird zu unserem“, „es bleibt Mal alles wie es ist“ oder „wir können ausgelassen miteinander lachen und genießen jetzt hier zu sein“. Angekommen.
Uns alle verbindet gerade das Windspiel das an unserem blauen Schuppen auf der Veranda hängt, vom nasskalten Wind angestupst. Es klingt – immer wieder – leise und immer vertrauter, immer mehr nach zu Hause. Dann sind wir wohl doch an-ge-kom-men.

Unser zu Hause hier wartet noch darauf mit Leben gefüllt zu werden. Es fehlen noch Erinnerungen und Erlebnisse mit alten vertrauten (hier nochmal eine warmherzige Einladung! Kommt!) oder mit gerade frisch liebgewonnenen Freunden.
Um nicht zu viel zu berichten, ein kurzer Einblick in die vergangenen Tage: viel Victoria Park und Spielplatz, großes Feuerwerk am 5.11. bei uns um die Ecke im Gedenken an den gescheiterten Gun Powder Plot, Seilbahn- und Schifffahrt über und auf der Themse, Putzaktionen, Familiengottesdienst in St. Peter’s, Columbia Road Flower Market, ausprobieren von einigen Supermärkten oder ähnlichem, Bauchgrummeln nach bangladesischem Döner oder wegen unseres Leitungswassers, Busfahrten und Spaziergänge, kulturelle Barrieren und Fragen, kennen lernen von ausgewählten 12 Parteien der insgesamt 48 Nachbarn in unserem Haus, erstes „Gathering“ mit unserem „Bairn“ (Name der Gemeindegründungscommunity), Blumenzwiebel setzen in großer Erwartung auf den Frühling und dem Beobachten und Widerstehen vom Füttern der Eichhörnchen in unserem Garten.